1. Das Genrekino ist für die Massen, das Autorenkino für die Kenner
  2. Die Welt dreht sich um Hollywood
  3. 3-D erschliesst dem Kino eine neue Dimensio
  4. Das Internet wird zum allumfassenden Filmarchiv
  5. Das Kino ist tot

5. Brangelina ist ein Star

Valentino war ein Star. Wer im Zeitalter der Castingshows selbst von der Kritik inflationär als «Super-», «Top-» oder «Megastar» gehandelt wird, ist tatsächlich ein «celebrity», ein A-, B- oder C-Promi. C für Cervelat, denn wie alle Prominenten werden sie von der Klatschindustrie wahllos verwurstet, so dass der Unterschied zwischen «bekannt» und «berühmt» sich inzwischen längst verloren hat. […]

Stars, wahre Stars, sind allerdings weit mehr als berühmt. Nicht von ungefähr werden sie mit der romantischen Metapher eines Sterns umschrieben: Geheimnisvoll strahlend – bald warm, bald kalt –, wirken sie zum Greifen nah und sind doch unnahbar, als tröstliche Fixpunkte in der Dunkelheit. So wecken sie Sehnsüchte, illuminieren Träume und schaffen zugleich Orientierung – wie dies etwa im 19. Jahrhundert manche Theatermimen oder Wanderprediger taten. Das volle Potenzial des Starkults, kulturell sowie kommerziell, offenbarte sich jedoch erst mit dem Aufkommen des Films. […]

Diese Anziehungskraft der Stars erklärte der Soziologe Edgar Morin damit, dass sie auf einzigartige Weise das Reale und das Ideale verschmelzen. Ihre Schönheit scheint ihre Seele widerzuspiegeln, so dass die Betrachter – bei allem blendenden Glamour – im Grunde sich selbst wiedererkennen: sei’s im Stolz des grössten kleinen Mannes, Charlie Chaplin; sei’s in der Bodenständigkeit des tugendhaftesten erwachsenen Pfadfinders, James Stewart; oder sei’s in der Empfindlichkeit der explosivsten Wasserstoffsexbombe, Marilyn Monroe. Solch faszinierende Verschmelzungen von Gegensätzen zu einem Star-Image gelingen äusserst selten und für gewöhnlich nur über eine Reihe von Versuchen und Fehlschlägen. Entsprechend vorteilhaft war das klassische Studiosystem Deutschlands, Japans oder eben Hollywoods, wo Vertragsschauspieler praktisch im Akkord in Genrefilmen eingesetzt wurden. […]

Die Strahlkraft dieser Stars hält wie die von Sternen noch lange nach ihrem Tod an. Die sogenannten Stars von heute dagegen sind meist eher verglüht als eine Sternschnuppe. Warum? Warum sollte insbesondere die Filmkritik den Begriff des Stars differenzierter verwenden? Warum waren beispielsweise Angelina Jolie und Brad Pitt nicht im Geringsten mit Elizabeth Taylor und Richard Burton zu vergleichen?