1. Das Genrekino ist für die Massen, das Autorenkino für die Kenner
  2. Die Welt dreht sich um Hollywood
  3. 3-D erschliesst dem Kino eine neue Dimensio
  4. Das Internet wird zum allumfassenden Filmarchiv
  5. Das Kino ist tot

1. Die Filmkritik ist kritisch

Spätestens als im März 2010 nach 31 Jahren der Chefkritiker von «Variety», Hollywoods traditionsreichstem Branchenblatt, aus Spargründen entlassen wurde, war klar: Nicht die Filmkritik ist kritisch, sondern ihr Zustand – in der Schwebe zwischen Arglosigkeit und Bedeutungslosigkeit.

Während etliche alteingesessene Publizisten am Laptop wie weiland an der Schreibmaschine im Vollgefühl ihrer vermeintlichen Macht in die Tasten greifen, hat sich die Welt draussen radikal verändert. Unter wirtschaftlichem Druck haben sich die Medienkanäle vervielfacht, das Publikum zersplittert – und emanzipiert. Alle kommunizieren mit allen. Demokratie durch Technologie.

Das bedeutet zum einen, dass die Aufmerksamkeit zum knappsten Gut wird (weil alle reden, auch wenn sie nichts zu sagen haben), und zum andern, dass die Orientierungslosigkeit zunimmt (weil alle von sich reden machen können). Dank Web 2.0 mit seinen Online-Foren, Message Boards und Blogs hat jede und jeder das Gefühl, mitreden zu können. […]

Das griechische κριτική (τέχνη), worauf der Begriff der «Kritik» ursprünglich zurückgeht, meint «Kunst der Beurteilung». Fatal für die Filmpublizistik, die Filme und die damit verbundenen Publikumserwartungen war nun die Ansicht, dieses Urteil solle vor allem ein Geschmacksurteil sein. Denn über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten, zumindest nicht intelligent. […] Die Vorstellung, irgendwelche professionellen Kinogänger, Vielleser und Musikhörer könnten mit Sternchen oder gerecktem Daumen Tausenden Unbekannten erbauliche Freizeittipps geben, ist absurd. Und dennoch hat sich die Filmberichterstattung je länger, desto mehr auf die Rolle des Geschmacksrichters konzentriert. Dass sie dabei ihre eigentlichen Kernkompetenzen aus den Augen verlor, haben die Online-Foren und Blogs aufgezeigt […]

So sehen sich heute viele Print-, Radio- und TV-Produkte mit derselben existenziellen Frage konfrontiert: Welchen Mehrwert können sie gegenüber dem Internet bieten?